Praxis für Aphasietherapie Karen Lorenz Sprachtherapie nach Schlaganfall und neurologischen Erkrankungen

Fachartikel

Publikationen von und über Karen Lorenz

Mit Freude weise ich Sie auf eine neue Informationsbroschüre über Sprechapraxie hin, die ich in Kooperation mit dem Berufsverband „Deutscher Bundesverband für akademische Sprachtherapie und Logopädie“ (dbs e.V.) entwickelt habe.
Folgen Sie gerne dem Link und lesen Sie sich ein:

Sprechapraxie bei Erwachsenen >>

Kompendium der akademischen Sprachheilpädagogik und Logopädie
Lorenz, K. (2018): Sprechapraxie bei Erwachsenen.
In: Grohnfeldt, M. (Hrsg):
Kompendium der akademischen Sprachheilpädagogik und Logopädie. Band 4 

(165-182). Kohlhammer, Stuttgart

Logos – Fachzeitschrift
für akademische Sprachtherapie und Logopädie

Lorenz, K. (2017):
SpAT® – SprechApraxieTherapie
bei schwerer Aphasie.
Entwicklung eines Konzepts.
In: Logos, 17/1, 26-35.

Zu bestellen beim dbs e.V. + im ProLog Verlag.

COSMOS JOURNAL 9
Weil ein selbst gesprochenes Wort soviel mehr ausdrückt“, März 2014

Neues aus der Logopädie: 
SpAT® – was ist das denn?

Auch wir als Logopädinnen können uns nur ansatzweise vorstellen, wie ein Mensch sich fühlt, der plötzlich nicht mehr sprechen kann. Täglich begegnen uns diese Patienten, deren immenser Leidensdruck spürbar ist. 
Mit unseren bisher erlernten Methoden und Konzepten hinsichtlich der „Sprechapraxie“ (Unfähigkeit, Sprechbewegungen willkürlich zu steuern) erzielten die Patienten zwar Fortschritte, aber hier hauptsächlich in den Übungssituationen. Vor allem waren die Transferleistungen in den Alltag gering und führten nur selten zu einer verbesserten Alltagskommunikation. Eine Sprechapraxie tritt nur sehr selten in isolierter Form auf, meistens wird sie erschwerend begleitet durch eine Aphasie (Störungen im Schreiben, Lesen, Sprechen und Verstehen). 

Vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen stellte sich zu Beginn des Jahres 2013 die Frage, welche Fortbildung aus der Vielzahl der angebotenen Möglichkeiten für uns geeignet schien. Mehr Wissen und neue Ideen für die Behandlung von Sprechapraxien war unser Anspruch. „SpAT®“ hieß die passende Fortbildung – wie sich schnell herausstellte, eine sehr gute Wahl.

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Interview auf der Internetplattform
„therapeuten-online.de“ zum Thema:
 „SpAT®– Ein Konzept zur Behandlung
der Sprechapraxie 
bei schwerer Aphasie“
23. Januar 2014

„Ziel ist, dass die Patienten wieder in Sätzen sprechen können.“

Die Behandlung der Sprechapraxie soll nicht zur ‚Papageientherapie‘ werden

Frau Lorenz ist Sprachheilpädagogin und in eigener Praxis in Hamburg tätig. Sie entwickelte das Therapiekonzept „SpAT®-SprechApraxieTherapie bei schwerer Aphasie“ für Patienten mit schwerer Aphasie und Sprechapraxie.

therapeutenonline: Frau Lorenz, wie kam es dazu, dass Sie mit SpAT® ein neues Diagnostik- und Therapiematerial für Patienten mit Sprechapraxie entwickelt haben?

Karen Lorenz: Die Idee zu SpAT® entstand aus der Not heraus. Durch meine Spezialisierung arbeitete ich mit vielen schwer betroffenen Aphasikern, die trotz z.T. längerer Aphasietherapie nicht in die Lautsprache kamen. Es gab eine Schlüsselpatientin, der mal wieder mitgeteilt wurde, dass Sie niemals mehr Lautsprache zurückerlangen werde…. Ich vermutete eine zusätzliche schwere Sprechapraxie. Es lag mir jedoch kein ausreichendes Diagnostikmaterial und kein praxisnahes beschriebenes Konzept zur Behandlung dieser komplexen Störung vor. Je mehr ich mit den Patienten arbeitete, desto klarer wurde, dass sie nicht in die Lautsprache kommen würden, wenn die Sprechapraxie nicht parallel mittherapiert werden würde. Ich wollte ein systematisches Konzept entwickeln, das didaktisch so aufbereitet ist, dass auch Patienten mit Sprachverständnisstörung möglichst schnell wieder zum Sprechen kommen. Somit lag nahe, dass ich mein Konzept mit dem systematischen MODAK®-Vorgehen kombiniere.

therapeutenonline: Somit sind schwer betroffene Patienten mit Aphasie und Sprechapraxie die Zielgruppe von SpAT®?

Karen Lorenz: Ja. Für sie ist es entwickelt, denn diese Menschen brauchen so früh wie möglich Hilfe. Dennoch behandle ich mit SpAT® auch Patienten, die eine leichtere Form der Aphasie zeigen, ein gutes Sprachverständnis aufweisen, aber in der Artikulation deutlich betroffen sind. SpAT® lässt sich auch durchaus bei leichteren Sprechapraxien einsetzen.

therapeutenonline: Können Sie die Vorgehensweise von SpAT® grob skizzieren?

Karen Lorenz: Zunächst muss die bestehende Störung genau diagnostiziert werden: liegt zusätzlich zur Aphasie auch eine Sprechapraxie vor? Welche lautrelevanten bukkofazialen Fähigkeiten bestehen? Die Fähigkeiten, die der Patient mitbringt, sind relevant, auf sie kann die Therapeutin aufbauen. Können schon ganze Wörter imitiert werden oder ist der Patient bereits auf einzellautlicher Ebene so massiv beeinträchtigt, dass er nicht willkürlich imitieren kann? Letzteres trifft auf die meisten schwer betroffenen Patienten zu. Aufbauend auf den bukkofazialen Fähigkeiten muss ich Stimmgebung und Einzellaute anbahnen. Dann möchte ich den Patienten möglichst schnell dahin bringen, Lautsynthesen imitieren zu können und er steigt möglichst schnell in das MODAK® Grundprogramm ein, damit das Sprachverständnis und die Schriftsprache früh mitgefördert werden.

therapeutenonline: Worin unterscheidet sich die Vorgehensweise zur Behandlung der Sprechapraxie im Vergleich mit bestehenden Ansätzen?

Karen Lorenz: Bei SpAT® handelt es sich um einen multimodalen Ansatz, der die neurophysiologischen Prozesse der Phonemerzeugung berücksichtigt. Außerdem ist er an ein aphasietherapeutisches Konzept, MODAK®, gekoppelt. Es gibt viele Unterschiede zu bestehenden Ansätzen, die für uns Praktiker jedoch kaum praxisnah beschrieben oder in Seminaren vermittelt werden! Meine gestischen, verbalen, grafischen und taktilen Hilfen zur Programmierung der Lautparameter werden für jedes Phonem beschrieben und sind im Seminar erlernbar. Sie werden didaktisch systematisch aber individuell an den Patienten herangetragen. Die Reihenfolge der Hilfengebung bei der Anbahnung eines Einzellautes wird bei SpAT® berücksichtigt und spielt eine entscheidende Rolle.

therapeutenonline: Können Sie diesen Aspekt an einem Beispiellaut veranschaulichen?

Karen Lorenz: Nehmen wir den Beispiellaut [sch]: Üblich ist, dass Therapeuten dem Patienten das Phonem vorsprechen. Gelingt die Imitation nicht, vermitteln sie dem Patienten, dass er zuerst die Lippen runden muss- ein Fehler. Wenn der Patient zuerst die Lippen rundet, wird er [o] artikulieren. Jetzt müsste ich ihn auffordern, die Stimme wieder zu hemmen, was den meisten Patienten aber dann nicht mehr gelingt.
Über diesen Weg werde ich also nicht dahin kommen, dass der Patient einen stimmlosen Frikativ bildet. Ich muss dem Patienten zunächst vermitteln, dass die Zähne geschlossen sind. Erst im zweiten Programmierungs-Schritt werden die Lippen gerundet. Es besteht jedoch das Problem, dass die Patienten eine gestörte Parallelität haben. Das bedeutet, dass sie nur einen Lautparameter zur Zeit steuern können: wenn die Zähne geschlossen sind, können die Lippen nicht zusätzlich gerundet werden, sodass sich in Folge der Kiefer sofort wieder öffnet.
In diesem Fall unterstütze ich den Patienten mit Hilfe von Lautgesten, verbalen Hilfen, Vorstellungshilfen und wenn nötig auch taktilen Hilfen, die systematisch angeboten werden. Erst, wenn der Kiefer geschlossen und die Lippen auch gerundet sind, fordere ich den Patienten zum dritten Schritt auf: Luftführung. 
Diese drei Einzelschritte kann der Patient nicht mehr ohne Hilfen parallel programmieren. Mittels der gestaffelten und individuellen Hilfengebung aber schon.

therapeutenonline: SpAT® soll in Kombination mit MODAK® angewandt werden. Entspricht dies einem störungsspezifischen, zielgerichteten Arbeiten?

Karen Lorenz: Auf jeden Fall. Es liegen immerhin zwei ausgeprägte Störungen vor; der Patient kann nichts. Sehr zielgerichtet, ja. Wenn ich nur an der Artikulation arbeiten würde, hätte dies eine reine Nachsprechtherapie zur Folge. Ich würde den Patienten nachsprechen lassen ohne die Semantik hierbei zu berücksichtigen. Er würde durch ewiges Nachplappern neue Automatismen ausprägen. Da auch ich keine ’Papageientherapie’ (Zitat Prof. Ziegler et al.) durchführen möchte, muss ich möglichst früh die Semantik und alle sprachlichen Ebenen mit einbeziehen sowie biografische und alltagsrelevante Kontexte einbauen. So kann ich eine maximale neuronale Aktivierung zum Auslösen der Artikulation erreichen. Ich kann sehr differenzierte gezielte Artikulationstherapie mit SpAT® durchführen. Die Kombination von SpAT® und MODAK® ist sinnvoll.
Da es auch unser Ziel ist, dass die Patienten wieder in Sätzen sprechen können, ist eine Kombination von SpAT® und MODAK® sinnvoll. Ich bin sicher, dass viele Fachleute den MODAK®-Ansatz nicht wirklich kennen sondern nur auf das Grundprogramm reduzieren. Ein Konzept wird erst in einer Fortbildung anschaulich und lebendig.

therapeutenonline: Gibt es bereits Evidenz dafür, dass SpAT® in Kombination mit MODAK® nachweislich effektiv ist?

Karen Lorenz: Es gibt noch keine Evaluations-Studie. Fortschritte sind aber sehr gut über die Therapiedokumentation und Verlaufsdiagnostik erkennbar. Meine Videodokumentation, z.B. auch von der o.g. aufgegebenen Patientin…Der große Zulauf von Seminarteilnehmern zu meinen Fortbildungen sowie unseren Kooperationen und deren sehr positiven Rückmeldungen über die erreichten Fortschritte der Patienten sind z.Z. Evidenz genug. Ich würde mich jedoch sehr freuen, wenn sich eine Klinik oder Uni der Evaluation von SpAT® widmen würde.

therapeutenonline: Vielen Dank für das interessante Interview!

Das Gespräch führte Kerstin von Heyden